Acht Arme für alle Fälle

Irgendwo im Meer, weit unter der Oberfläche, wohnt die kleine Oktopusdame Klara. Klara hat acht lange Tentakel-Arme. Das ist praktisch für zu Hause, wenn sie zum Beispiel eine Tasse Tee kocht und gleichzeitig das Geschirr vom Vortag abwaschen möchte. Oder wenn sie Abends einen Salat isst und nebenbei in einem Buch blättern möchte. Aber Klara findet ihre Arme nur zu Hause super. Wenn sie draußen ist, dann schämt sie sich immer, weil sie nicht so ist, wie die anderen Tiere die in dem bunten Korallenriff wohnen.

Da ist zum Beispiel der wunderschöne Regenbogenfisch, der in allen Farben schillert, die Klara kennt. Sie hat sich noch nie getraut, mit ihm zu reden. Immer wenn der Regebogenfisch in ihrer Nähe vorbeischwimmt, versteckt sich Klara schnell hinter einer der Korallen und bewundert die tausend bunten Schuppen aus sicherer Entfernung. Klara selber hat überall komische lilane Ringe, der Regenbogenfisch würde bestimmt über sie lachen, weil sie nicht so schön ist, wie er.

Dann ist da noch die große Auster, die alle bewundern, weil sie eine riesige Perle in sich herumträgt. Für alle Fische, die die Perle sehen wollen, öffnet sich die Auster und lässt die große Perle im Licht scheinen. Einmal hat Klara sich fast getraut, auch darum zu bitten, aber dann wollte sie die Auster nicht stören und hat sich die Perle lieber von weiter weg angesehen, als jemand anderes gefragt hat.

Heute schwimmt Klara ihren Lieblingsweg entlang, da, wo die größten roten Korallen wachsen. Rot ist Klaras Lieblingsfarbe und wenn sie hier unterwegs ist, schauen bestimmt alle anderen lieber auf die großen Korallen als auf Klaras peinlich viele Arme. An diesem Tag hat Klara Glück und kaum Fische sind unterwegs. Auf einmal hört sie laute Stimmen auf der anderen Seite der Korallenwand. Klara ist ein bisschen nervos, aber dann siegt ihre Neugier und sie schwimmt vorsichtig zwischen den Korallen hindurch. Auf der anderen Seite traut Klara ihren Augen kaum! Da ist der Regenbogenfisch! Und die Auster, zusammen mit dem schnellsten Fisch der ganzen Gegend, dem flinken Hecht! Die drei spielen Korallenball gegen eine Gruppe Forellen aus einem anderen Riff und sind in der Unterzahl. Klara beobachtet, dass der Regenbogenfisch, die Auster und der Hecht keine Chance haben, obwohl sie sehr gut sind. Sie ist so ins Zusehen vertieft, dass sie gar nicht gemerkt hat, wie sie immer weiter aus den schützenden Korallen herausgeschwommen ist.

„Hey“, ruft der Hecht auf einmal und schwimmt zu ihr herüber. Klara läuft rot an, aber es ist zu spät, um sich zu verstecken.

„Hallo“, sagt Klara nervös.

„Du bist Klara oder?“, fragt der Hecht. „Kannst du einspringen und uns gegen diese Forellen helfen?“

Klara weiß gar nicht wie ihr geschieht. Sie soll Korallenball mit den beliebtesten Tieren des Riffs spielen?

„Du kennst mich?“, fragt Klara leise.

Der Hecht lacht. „Na klar, wir kennen dich alle!“ Der Regenbogenfisch und die Auster nicken. „Du bist der kleine Oktopus mit den langen Armen, das muss super praktisch sein.“

„Ja“, sagt Klara und muss lächeln, „das ist wirklich praktisch!“

„Dann kannst du uns helfen“, ruft der Regenbogenfisch fröhlich, „du musst nur den Korallenball auffangen, bevor er in unser Tor fliegt.“

„Ich gebe mein bestes“, sagt Klara und schwimmt so schnell sie kann zum Tor.

Jetzt haben die vier leichtes Spiel. Mit ihren acht langen Armen kommt kein einziger Ball an Klara vorbei. Der Regenbogenfisch jubelt jedes Mal, wenn Klara einen Punkt für die Gegner verhindert. Schließlich ist das Spiel vorbei. Klaras Team hat tatsächlich gewonnen!

„Danke Klara“, freut sich die Auster, „ohne dich hätten wir das nicht geschafft.“

Klara ist verlegen, aber die Auster, der Hecht und der Regenbogenfisch nehmen sie in ihre Mitte und schwimmen zurück ins Riff, wo sie sofort allen von Klaras tollem Einsatz berichten. Auf einmal steht Klara im Mittelpunkt und merkt, dass sie sich alle ihre Sorgen ganz umsonst gemacht hat. Alle sind total lieb zu ihr und sind neidisch auf ihre tollen Arme. Den ganzen Tag kann sie den Regenbogenfisch und die Auster aus der Nähe bestaunen und als sie am Abend nach Hause schwimmt, ruft der Hecht ihr hinterher:

„Wir treffen uns morgen wieder am gleichen Ort, komm doch auch vorbei!“

Klara winkt mit allen acht Armen: „Das mache ich auf jeden Fall!“