Karl das gierige Krokodil

Karl das Krokodil ist das gierigste Krokodil am ganzen Nil. Kein Krokodil hat so viel Hunger und bekommt seinen Mund so weit auf wie Karl. Am liebsten würde Karl den ganzen Tag in der Sonne am Wasser liegen und nur essen so viel er kann. Manchmal legt er sich in den Nil und sperrt sein Maul ganz weit auf und isst alles was die Strömung ihm in den Mund treibt: Schilf, Sand, Fische, manchmal ein kleines Boot, Steine und alles, was die Menschen aus der Stadt zu in den Fluss werfen, Karl ist es ganz egal, was in seinen Mund schwimmt, er isst alles. Seine Zähne sind sehr spitz und stark und er kann alles ganz klein kauen.

Eines Tages liegt Karl mal wieder gemütlich im Wasser und wartet darauf, dass sein Mittagessen in seinen Mund geschwommen kommt. Er hat ihn so weit wie möglich aufgesperrt, damit alles hineinpassen kann. Die Sonne steht ganz hoch am Himmel und scheint warm auf Karl herunter. Es ist so warm, dass er ganz müde wird.

„Ich kann bestimmt ein Weilchen die Augen schließen“, denkt Karl sich, „aber ich lasse meinen Mund lieber auf, sonst verpasse ich vielleicht etwas besonders leckeres!“ Dann macht lässt er sich von den Wellen schaukeln und macht ein kleines Nickerchen. Karl hat erst ein paar Minuten geschlummert da – RUMMS – prallt etwas großes gegen ihn und weckt ihn auf.

„Nanu“, wundert Karl sich, „was war denn das? Und warum bekomme ich meinen Mund nicht mehr zu?“ Tatsächlich kann Karl seinen Mund nicht mehr schließen! Irgendetwas Großes blockiert ihn. Karl schielt ein bisschen, um zu schauen, was es ist.

„Das kann nicht wahr sein“, denkt Karl erstaunt. In seinem Maul steckt ein großer Baumstamm! Der Fluss hat ihn geradewegs in Karls offenen Mund getrieben. Der Stamm ist viel zu dick, nicht einmal Karl, das gierigste Krokodil am Nil, kann ihn zerbeißen. Aber Karl bekommt den Baum auch nicht wieder aus seinem Mund heraus, weil seine scharfen Zähne im Holz feststecken. Es ist ein richtiges Dilemma. Am schlimmsten ist, dass Karl so überhaupt nichts mehr essen kann, dabei hat er doch nach seinem Nickerchen so einen Hunger!

Irgendjemand muss Karl helfen, den Baumstamm aus seinem Mund zu bekommen! Als erstes schwimmt Karl zu den Vögeln, die am Flussufer herumsitzen. Sie helfen ihm auch sonst manchmal dabei, seine Zähne sauber zu machen, vielleicht können sie auch jetzt helfen. Leider kann Karl mit dem großen Stamm im Mund überhaupt nicht sprechen.

„Aaaaaaaah“, sagt Karl zu den Vögeln und bringt sie alle zum Lachen.

„Was ist los, Karl?“, fragt ein besonders frecher Vogel, „bist du etwa endlich satt?“

Karl schaut ihn böse an. Das ist keine Hilfe! Er schüttelt den Kopf und die Vögel flattern in die Luft, um nicht von dem Baustamm getroffen zu werden.

„Ich glaube, Karl braucht wirklich unsere Hilfe“, bemerkt ein netterer Vogel. Jetzt nickt Karl und versucht zu lächeln, aber das geht wegen des Baums nicht so gut. Alle Vögel landen auf dem Baumstamm und versuchen mit vereinten Kräften, den Stamm auf Karls Mund zu ziehen.

„Er sitzt viel zu fest“, ruft der freche Vogel.

„Lasst uns die anderen Krokodile fragen“, schlägt der nettere Vogel vor. Karl hat keine Wahl. Zusammen mit seinem Baumstamm und den Vögeln die darauf sitzen, schwimmt er zu der Sandbank, auf der die anderen Krokodile liegen. Auch die Krokodile müssen lachen, als sie Karl mit dem großen Baumstamm im Mund sehen.

„Endlich frisst du uns nicht mehr das ganze gute Essen weg“, sagt ein Krokodil.

„Ja, jetzt können wir alle satt werden“, sagt ein zweites Krokodil und alle lachen.

Karl findet das ziemlich gemein. Es ist genug Essen für alle da.

„Ihr seid ganz schöne Fieslinge“, sagt ausgerechnet der freche Vogel zu den Krokodilen, „der arme Karl hat ein echtes Problem und ihr müsst ihm helfen!“

Das sehen auch die Krokodile ein und bekommen ein schlechtes Gewissen, weil sie über Karl gelacht haben. Zwei Krokodile gehen zu Karl herüber und verbeißen sich in dem Baumstamm. Zusammen mit den Vögeln ziehen sie so stark sie können und – RUMMS – alle fallen auf ihre Hintern als der Baumstamm sich löst. Endlich kann Karl seinen Mund wieder zumachen.

„Danke euch allen“, freut sich Karl, „ich werde meinen Mund nie wieder so weit aufsperren:“

Alle müssen lachen, sogar Karl selbst.

„Aber du hast bestimmt Hunger“, sagt der freche Vogel.

„Das stimmt“, sagt Karl verlegen.

„Komm“, sagt das Krokodil, das am lautesten gelacht hat, „wir haben noch etwas besonders leckeres zu Essen aufgehoben, das sollst du bekommen.“

An diesem Tag gibt es ein großes Fest und am Abend hat niemand mehr Hunger.