Königin der Lüfte

Der Wind pustet Alexa ihre Haare in ihr Gesicht. Sie und Otto sind zum Strand gelaufen, das ist nur ein paar Minuten von der Wohnung entfernt. Es ist nämlich perfektes Wetter, um Drachen steigen zu lassen. Wenn es richtig windig ist, gehe Alexa und Otto oft zum Strand und lassen Drachen steigen. Manchmal fühlt es sich so an, als würde man selber fliegen.

Der Drachen von Otto ist ein kleiner Delfin. Otto hält die Schnur in einer Hand und läuft über den Sand, damit der Drachen steigen kann. Zum Glück ist der Wind perfekt und schon fliegt der Drachen weit oben in der Luft. Alexas Drachen ist größer als der von Otto und sie muss ihn mit beiden Händen festhalten, damit er sich nicht losreißt. Es ist ein großer, bunter Schmetterling mit vielen langen Bändern daran, die hat Alexa selbst drangenäht. Sie ist sehr stolz auf ihren bunten Drachen und darauf, dass sie besser fliegen kann, als Otto.

Das Meer hat richtig große Wellen vom starken Wind. Alexa steht vorne, wo das Wasser gerade so hinkommt und lässt ihre Füße nass werden. Das Wasser ist ganz kalt und Alexa läuft schnell ein paar Schritte zurück. Otto läuft immer noch im Sand hin und her. Sein kleiner Delfin schwimmt durch die Luft.

„Los Alexa, du musst deinen Drachen auch steigen lassen“, ruft er.

„Ja, sofort“, ruft Alexa zurück. Sie wartet noch kurz, bis der Wind noch kräftiger wird und packt ihren Drachen dann aus. Der bunte Schmetterling liegt im Sand und die Bänder tanzen schon, als könnten sie es nicht erwarten, endlich loszufliegen. Alexa hält die Schnüre fest in beiden Händen, schaut sich kurz um und läuft dann rückwärts los. Der Wind pustet unter den Schmetterling und schon steigt er in die Höhe. Einmal hat Otto sie „Die Königin der Lüfte“ genannt, aber Alexa fand das ein bisschen albern. In der Luft gibt es gar keine Königinnen, niemand wohnt in der Luft. Aber gut fliegen, das kann sie. Der Wind zieht und zerrt an dem Schmetterling und der Schmetterling zieht und zerrt an Alexa. Der Drachen fliegt noch höher als Ottos Delfin und der Wind wird immer stärker.
„Zum Glück habe ich zwei Schnüre“, denkt Alexa, „da kann nichts passieren.“

In dem Moment hört sie Otto rufen. „Alexa! Mein Delfin!“

Alexa schaut zu Otto herüber. Seine Schnur ist durchgerissen! Der Wind war wohl zu stark für den kleinen Delfin, deswegen fliegt er jetzt von selbst umher. Otto schaut sehr traurig, weil er seinen kleinen Delfin doch so gern hat. Von seinem eigenen Taschengeld hat er ihn schließlich im Laden gekauft.

Der Delfin fliegt ziemlich nah an Alexas Schmetterling heran.

„Ich rette ihn“, ruft sie Otto zu und zieht an einer ihrer Schnüre. Sofort folgt der Schmetterling ihrem Befehl. Er dreht sich nach links und fliegt direkt in Ottos Delfin herein. Alexa und Otto sehen dabei zu, wie die Drachen gemeinsam zu Boden fallen und laufen zu ihnen hin. Der Schmetterling und der Delfin sind beide noch ganz – Glück gehabt.

„Danke Alexa“, sagt Otto, „du hast wirklich meinen Delfin gerettet!“

„Ach, das war doch gar nichts“, sagt Alexa und grinst.

„Du bist eben die Königin der Lüfte“, meint Otto und beide müssen lachen.

Den restlichen Tag fliegt nur noch der Schmetterling im starken Wind am Strand. Otto und Alexa steuern ihn jetzt zusammen, jeder hält eine der Schnüre. Der Delfin macht bis zum Abendessen eine kleine Pause.