In einem kleinen Königreich weit hinter den Bergen lebten einmal eine Prinzessin und ein Prinz. Die Menschen in ihrem Königreich waren so glücklich und zufrieden wie sonst nirgendwo, denn Tag für Tag strahlte die Sonne auf die grünen Wiesen und die goldenen Felder und die blauen Flüsse und Seen. Es gab keinen Streit und keine Trauer in diesem kleinen Königreich, denn die Prinzessin und der Prinz achteten sehr auf das Glück ihres Volkes. Immer, wenn jemand im Königreich ein Problem hatte, hatten die Prinzessin und der Prinz ein offenes Ohr und immer konnten sie die Probleme lösen.
Eines Tages aber kam eine Fee in das Königreich. Sie mischte sich unter die Menschen und beobachtete das friedliche Miteinander. Das glückliche Leben der Menschen gefiel der Fee überhaupt nicht. Also sprach sie einen Zauber aus, der das ganze Königreich und seine Bewohner in tiefe, nie enden wollende Dunkelheit hüllen sollte. Kaum hatte die Fee den Zauber gesprochen, sammelten sich dunkle Wolken am Himmel über dem Königreich und es begann zu donnern und zu blitzen. Starker Regen setzte ein, wie ihn das Königreich noch nie erlebt hatte und die Menschen, die eben noch fröhlich in der Sonne gesessen und gearbeitet hatten, flüchteten sich in ihre Häuser. Niemand war mehr auf der Straße, um Spaß zu haben. Die Fee beobachtete ihr Werk zufrieden und zog sich dann tief in den Wald zurück, um sich von dem komplizierten Zauber auszuruhen.
Die Prinzessin und der Prinz schauten von ihrem Schloss aus auf ihr Königreich herunter und hofften, dass das schlechte Wetter bald aufhören würde.
Tage und Wochen vergingen, aber die dunklen Wolken verzogen sich nicht und kein einziger Sonnenstrahl berührte den Boden im Königreich und der starke Regen fiel ohne Pause. Bald schon waren alle Menschen im Königreich traurig und mutlos. Den ganzen Tag blieben sie in ihren Häusern und schauten aus den Fenstern dem Regen zu. Keine Freundinnen trafen sich zum Spielen auf dem Dorfplatz, keine Pferde wurden über die Wiesen ausgeritten und keine Großmütter tauschten die neuesten Geschichten bei einer dampfenden Tasse Tee aus. Das Leben in dem kleinen Königreich stand wie still. Ab und an wagte sich jemand durch den Regen hinauf zum Schloss und klagte der Prinzessin und dem Prinzen sein Leid.
„Seit Wochen regnet es und es ist kein Ende in Sicht. Wir brauchen endlich ein wenig Licht und Wärme, bitte, könnt ihr denn nichts unternehmen?“
Aber die Prinzessin und der Prinz waren eben so ratlos wie der Rest der Menschen im kleinen Königreich. Dieses Problem ließ sich nicht mit Freundschaft und Gerechtigkeit lösen. So mussten die Bewohner jedes Mal wieder schweren Herzens den Heimweg durch den Regen antreten.
Einmal brachte eine junge Frau aus der Stadt ihre Tochter mit auf das Schloss und berichtete von Streitereien, die unter den Stadtbewohnern auszubrechen begannen. Die Prinzessin und der Prinz wollten die Frau gerade wieder fortschicken, da sagte ihre kleine Tochter:
„Nun hat die böse Fee ihren Willen bekommen.“
„Wovon sprichst du?“, wollten die Prinzessin und der Prinz wissen.
Da berichtete das Mädchen von einer Fee, die sie vor ein paar Wochen in der Stadt beobachtet hatte.
„Die Fee hat gesagt, dass niemand in der Stadt mehr glücklich sein darf und dass das Land auf ewig dunkel sein soll. Dann hat sie gezaubert und ist in den Wald verschwunden.“
Die Prinzessin und der Prinz dankten dem kleinen Mädchen und machten sich sofort auf, das Schloss zu verlassen. Durch den strömenden Regen liefen sie geradewegs Richtung Wald, um ihr Königreich zu retten.