Tief im Wald, unter einem großen Pilz, direkt neben einer kleinen Pfütze wohnt der kleine Igel Tomte. Tomte hat sehr viel Liebe in seinem kleinen Igelherz. Er liebt fast alles, was er sieht. Wenn Tomte morgens aufwacht, dann liebt er als erstes die Sonne, die durch das Blätterdach scheint. Dann liebt er seinen Pilz, weil der ihm Schatten spendet, damit die Sonne Tomte nicht in die Augen scheint. Dann liebt Tomte die Vögel, die in den Bäumen singen und er versucht, bei ihren Liedern mitzusingen. Tomte liebt auch schöne Wolken und den Duft von Blumen und Erde und wie sich Gras an seinen Pfoten anfühlt.
Tomte liebt den ganzen Wald und alle Tiere, die in ihm wohnen. Aber am allermeisten, noch mehr als süße Himbeeren oder einen warmen Sommertag, liebt Tomte Umarmungen.
Er sagt immer: „Eine Umarmung ist als wenn jemand dir einen ganzen Tag Sonnenschein direkt in dein Herz gibt.“ Leider hat Tomte ein Problem, weil nämlich kein Tier im Wald ihn umarmen möchte, obwohl alle den kleinen Igel mögen. Tomte verbreitet überall gute Laune mit seiner Liebe für alle Dinge und trotzdem umarmt niemand den Igel. Igel haben nämlich viele spitze Stacheln auf dem Rücken und die Tiere haben Angst, dass es wehtut, Tomte zu umarmen.
„Ich bin auch ganz vorsichtig, versprochen“, sagt Tomte immer, aber die Füchse und Vögel und Rehe schütteln nur ihre Köpfe und sagen: „Aber was, wenn wir uns trotzdem pieksen?“
Tomte ist dann immer ein bisschen enttäuscht, aber er ist niemals jemandem böse. Er kann gut vrstehen, dass sich niemand an seinen Stacheln pieksen will. Wenn Tomte könnte, dann würde er für einen Tag seine Stacheln ablegen und jedes Tier im Wald umarmen. Und direkt danach jede einzelne Pflanze, weil alle ein bisschen Sonnenschein direkt ins Herz verdienen. Aber leider geht das nicht.
Heute wacht Tomte auf und freut sich über die Sonne und die Vögel und seinen Pilz, aber er kann nicht richtig lächeln. Sein Herz ist zwar immer noch voller Liebe, aber auch ein bisschen schwer und Tomtes Bauch tut ein bisschen weh.
„Ich möchte so gerne heute umarmt werden“, seufzt er beim Frühstück. Also beschließt Tomte, sich heute auf die Suche nach einem Tier zu machen, dass keine Angst davor hat, ihn zu umarmen. Er pack sich ein paar frische Himbeeren in eine kleine Tasche aus Blättern und marschiert los. Eigentlich ist ein perfekter Tag, die Sonne hat die Luft angenehm warm gemacht und die Vögel singen ein besonders schönes Lied, aber Tomte kann gar nicht genau hinhören. Die Tiere, die in seiner Nähe wohnen hat er alle schon hundert Mal nach einer Umarmung gefragt, bei denen muss er es gar nichte erst versuchen. Also wandert Tomte weiter weg von seinem Pilz als sonst. Zwischendurch knabbert er ein bisschen an seinen Himbeeren und versucht, sich über die hübschen Blumen am Wegrand zu freuen.
Als die Sonne am höchsten steht, trifft Tomte auf einen Hasen, der aus einem kleinen Bach trinkt.
„Hallo Hase“, grüßt Tomte freundlich, „ich bin Tomte.“
„Hallo Tomte“, sagt der Hase, „ich bin Pablo und habe schon viel von dir gehört!“
„Du kennst mich?“, wundert sich Tomte.
„Natürlich“, sagt Pablo der Hase, „jedes Tier im Wald hat schon von dem kleinen Igel Tomte gehört, der alles und jeden liebt.“
„Das freut mich aber“, sagt Tomte, „glaubst du, du kannst mir einen Gefallen tun und mich umarmen? Ich vermisse Umarmungen so sehr.“
Pablo legt den Kopf auf die Seite und überlegt. „Deine Stacheln sehen schon ziemlich spitz aus“, sagt er.
„Ich bin ganz vorsichtig, du wirst dir nicht wehtun“, verspricht Tomte.
Pablo schüttelt den Kopf. „Tut mir leid, Tomte Igel. Ich bin neulich in eine Dornenhecke gehüpft und das war kein schönes Erlebnis. Ich hoffe, du findest jemanden, der dich umarmt.“ Damit dreht sich Pablo der Hase um und hoppelt davon.
Tomte seufzt traurig und setzt sich in den Schatten von einem kleinen Baum. Es scheint, als würde ihn nie wieder jemand umarmen wollen. Ohne viel Appetit kaut Tomte auf seiner letzten Himbeere herum, als plötzlich neben ihm jemand von dem Baum springt.
„Tomte Igel!“, sagt eine freundliche Stimme. Tomte schaut auf: Vor ihm steht ein nett grinsendes Eichhörnchen! Es hat weiches, hellbraunes Fell und einen großen, buschigen Schwanz. „Ich bin Lia und wollte dich schon immer mal kennenlernen.“
„Hallo Lia“, sagt Tomte und versucht auch zu lächeln. „Schön dch kennenzulernen.“
„Kein Grund so traurig zu schauen, Tomte“, sagt Lia, „ich habe dein Gespräch mit dem doofen Pablo gehört und ich werde dich umarmen!“
Tomte springt auf und schaut Lia aus großen Augen an. „Bist du sicher? Hast du gar keine Angst?“
„Nö“, sagt Lia. „Du sagst doch du bist vorsichtig, also glaube ich dir.“
Tomte kommen fast die Tränen vor lauter Freude.
„Komm schon her“, sagt Lia und breitet die Arme aus. Tomte tapst vorsichtig zu dem Eichhörnchen herüber und dann ist es soweit: Lia umarmt ihn! Tomte wird tatsächlich umarmt! Die Stacheln auf seinem Rücken sind ganz entspannt und schmiegen sich unter Lias Berührung an Tomtes Körper an. Kein einziger Stachel piekst das Eichhörnchen. Die Umarmung ist warm und schön und dauert eine gefühlte Ewigkeit. Als Lia Tomte loslässt, lächelt der kleine Igel so breit, wie schon lange nicht mehr.
„Danke“, sagt Tomte, „das war genau das, was ich gebraucht habe!“
„Gern geschehen“, sagt Lia, „ich fand es auch sehr schön und deine Stacheln waren ganz weich!“
„Sag ich ja“, sagt Tomte, „aber mir glaubt nie jemand.“
„Das wollen wir doch mal sehen“, sagt Lia, „ich komme mit dir zurück und dann erzähle ich allen, dass es gar nicht schlimm ist, dich zu umarmen.“
Tomte strahlt übers ganze Gesicht. „Lass uns sofort aufbrechen“, sagt er aufgeregt.
„Sofort“, stimmt Lia zu, „aber vorher verdienst du noch eine zweite Umarmung.